Risse im Beton - der Albtraum der Ingenieure?

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Beton kann auf Druck zehnmal mehr aushalten als auf Zug - das lernt jeder Bauingenieur schon früh im Studium. Aber erst etwas später wird ihnen klar, was diese Eigenschaft des sonst so tollen Werkstoffs eigentlich bewirkt.

So viel Ärger mit der Rissbildung, so komplizierte Berechnungen, kein Wunder, wenn man sich schon mal gefragt hat: Lohnt sich das überhaupt? Dank der inzwischen verfügbaren ausgefeilten Werkzeuge da draußen können wir glücklicherweise sagen, dass die Antwort lautet: "Ja, das ist es!"

Beton ist fantastisch in der Druckbelastung. Das wissen wir alle, aber in realen Strukturen kommt man nicht umhin, einige Teile auf Zug zu belasten. Stahlbewehrung sorgt für höhere Zugfestigkeit und Duktilität. Eine Stahlbetonkonstruktion kann sowohl Zug- als auch Druckbelastungen gut standhalten, vorausgesetzt, die Bewehrung ist richtig verlegt und ihre Größe ist klug gewählt. 

Gebrauchstauglichkeit ist ebenso wichtig

Während die Festigkeit in Konstruktionen als der kritischste Parameter erscheinen kann, dürfen wir die Faktoren der Gebrauchstauglichkeit niemals außer Acht lassen. Oftmals entscheiden sie über die Funktionalität und Nutzbarkeit eines Objekts. Zu große Durchbiegungen können eine Struktur nicht nur unsicher aussehen lassen, sondern auch ihre Funktion nur schwer erfüllen. Ähnlich verhält es sich mit Rissen, die eine bestimmte Breite überschreiten, wodurch die Betonstruktur ästhetisch unansehnlich wird und auch die Bewehrung der Korrosion ausgesetzt ist.

Risse im Beton stellen eine ganz eigene Herausforderung für jeden Statiker dar, der sich mit Betonkonstruktionen beschäftigt. Wie einfach wäre das alles, ohne sich mit Rissen auseinandersetzen zu müssen? Leider sind und werden sie ein Teil jeder Betonstruktur sein - zumindest für die absehbare Zukunft -, also mussten wir Wege finden, um Ingenieuren zu helfen, mit Rissen auf einer alltäglichen Basis zu rechnen. Das Ziel war es, ein Werkzeug zu entwickeln, das mit verschiedenen Formen von Betonstrukturen umgehen kann und die reale Positionierung der Bewehrung berücksichtigt, nicht nur einige vereinfachte, vordefinierte Strukturelemente. Ingenieure sind mit einfachen Handberechnungen für die grundlegenden Balken und Stützen vertraut, aber moderne Strukturen gibt es in allen Formen - also müssen moderne Werkzeuge auch eine Lösung für allgemeine Formen bieten. Die Berechnung von Rissbildung und Rissbreite ist keine Ausnahme.

Rissberechnung in CSFM

Unsere inovative Methode, CSFM (Compatible Stress Field Method) welche in IDEA StatiCa Concrete enthalten ist, ermöglicht es Ingenieuren, Betonstrukturen beliebiger Form schnell und einfach zu bemessen, einschließlich der Berechnung von Rissbreiten.

Der fortgeschrittene Entwicklungsstand der Methode basiert auf der modifizierten Druckfeldtheorie, der Implementierung der Zugversteifung und der Unterscheidung zwischen stabilisierter und nicht stabilisierter Rissbildung. Gemäß den gültigen Eurocode- und ACI-Normen führen wir Nachweise der Gebrauchstauglichkeit der Betonteile durch, wie z. B. Rissbreiten-, Verformungs- und Spannungsbegrenzungsnachweise.

Lassen Sie uns ein wenig darüber sprechen, wie unsere Rissberechnung funktioniert und worauf sie basiert. Für diejenigen, die an einer vollständigen theoretischen Erklärung der Berechnung und der gesamten Methode interessiert sind, empfehlen wir die Lektüre  Theoretical background for IDEA StatiCa Detail.

CSFM unterscheidet zwischen stabilisiertem und nicht-stabilisiertem Risswachstum. Stabilisiertes Risswachstum bedeutet gleichmäßig verteilte Risse - zum Beispiel entlang der Unterkante eines Trägers. Bei voll entwickelten stabilisierten Rissen wird das Tension Chord Model (TCM) zur Berechnung der Zugversteifung verwendet.  

Nicht stabilisiertes Risswachstum wird für lokale Risse, die durch geometrische Unstetigkeiten (z. B. Bereiche mit Querschnittsänderungen, konkave Ecken usw.) ausgelöst werden, und für Bereiche mit einem geringen Bewehrungsgrad berücksichtigt. In solchen Fällen ist der Riss nicht stabilisiert und die Zugversteifung wird mit Hilfe des Pull-Out-Modells (POM) berücksichtigt.

Aber was ist der Effekt der Zugversteifung, von dem wir immer wieder sprechen? Sie kann beschrieben werden als die Wirkung des Betons, der zwischen den Rissen auf Zug beansprucht wird, auf die Spannung der Stahlbewehrung, was zu einer erhöhten Steifigkeit führt.

Da die Zugaussteifung im TCM von der Bewehrungsfläche und deren Zuordnung zu den einzelnen Bewehrungsstäben bzw. -lagen abhängt, ist die Bestimmung der zugehörigen (gegenseitig wirkenden) Betonfläche unter effektiver Beanspruchung entscheidend. Aus diesem Grund haben wir für eine beliebige Bewehrungskonfiguration eine automatische räumliche Identifikation der zugehörigen auf Zug beanspruchten Betonfläche implementiert.

Rissabstand

Der maximale Rissabstand stabilisiert sich bei einem Wert, bei dem die Spannung im Beton zwischen zwei benachbarten Rissen nicht den Spannungswert des Grenzzustands der Rissbildung erreicht. Auf diese Weise wird das Wachstum weiterer Risse beendet.

Das Pull-Out-Modell hingegen analysiert das Verhalten einzelner Risse ohne Berücksichtigung der mechanischen Wechselwirkung zwischen anderen Rissen. Es vernachlässigt das Verhalten des Betons auf Zug und geht von demselben ideal starr-plastischen Verhalten im Zusammenhalt aus, das im Zugstrangmodell verwendet wird. Da der Rissabstand für ein nicht vollständig entwickeltes Rissbild nicht bekannt ist, wird die mittlere Dehnung für jeden Lastpegel über die Strecke zwischen den Punkten mit Null-Schlupf berechnet, wenn der Bewehrungsstab seine Zugfestigkeit am Riss erreicht.

Rissbreite

Die Rissbreite ist eine wesentliche Bedingung für den Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit. 

Die Berechnung der Rissbreite wird für die ständige Belastung durchgeführt. Es stehen, wie oben beschrieben, zwei Hauptmodelle zur Verfügung, das Modell des stabilisierten Risswachstums und das Modell des nicht-stabilisierten Risswachstums. Beide Modelle sind abhängig von der Art der Bewehrung, vom automatisch berechneten Bewehrungsgrad und in der Folge von der Zugsteifigkeit jedes einzelnen 1D-Elements, das zur Modellierung der Bewehrung verwendet wird. 

Die Breite eines Risses senkrecht zur Orientierung der Bewehrung "wb" wird auf der Grundlage der oben genannten Modelle über die Zugaussteifung mittels Integration der Dehnung über die Bewehrung berechnet. Für Bereiche mit stabilisiertem Risswachstum werden die Mittelwerte der Dehnungen der Bewehrung berechnet und über den mittleren Rissabstand integriert. Bei nicht stabilisiertem Risswachstum wird die Breite "wb" auf der Grundlage der maximalen Spannung in der Bewehrung berechnet, die in diesem Fall zuverlässiger ist als die mittlere Dehnung.

Besondere Situationen werden an konkaven Ecken der berechneten Strukturen beobachtet. In diesem Fall gibt die Ecke die Position eines einzelnen Risses vor, der sich nicht stabilisiert verhält, bevor sich weitere benachbarte Risse entwickeln. Diese zusätzlichen Risse entwickeln sich in der Regel nach dem Gebrauchstauglichkeitsbereich, was es erlaubt, die Rissbreiten in einem solchen Bereich so zu berechnen, als ob sie nicht stabilisiert wären.

Um es zusammenzufassen

IDEA StatiCa Concrete ist ein Werkzeug für die sichere Bewertung von Betonstrukturen, einschließlich der Berechnung von Rissen. 

Natürlich kann dieser Ansatz nicht die genaue Position zukünftiger Risse in realen Strukturen vorhersagen, aber er liefert dennoch relevante Ergebnisse, die mit den von der Norm geforderten Werten verglichen werden können. Die Methode ermöglicht natürlich nicht die Bewertung von Rissen in Betonbereichen, in denen die Bewehrung vollständig fehlt. Stahlbetonkonstruktionen beliebiger Form können in einem angemessenen Zeitrahmen bemessen und überprüft werden.

Die Berechnungsmethode des CSFM wurde gründlich getestet und verifiziert. Mehr über die Verifizierungen können Sie entweder hier  in diesem Article über die Prüfung von Struktur-Elementen lesen oder in dem theoretischem Hintergrund für die Überprüfung bezüglich zum Eurocode

CSFM ist eine transparente Methode, die dem Statiker die Kontrolle über das Verhalten der Struktur ermöglicht. Um mehr über die Methode und ihre Anwendung zu erfahren, schauen Sie sich unser Webinar über Betonbemessung mit CSFM an.

Kostenlos ausprobieren

Sie können CSFM und seine Verwendung zur Berechnung von Rissen in Betonkonstruktionen selbst überprüfen. Testen Sie unsere neueste Version von IDEA StatiCa Concrete 14 Tage lang absolut KOSTENLOS . Und teilen Sie uns auf jeden Fall Ihr Feedback mit! Wir sind immer gespannt auf Ihre Erfahrungen.