Nachrechnung und Verstärkung von Betonkonstruktionen für eine nachhaltige Zukunft

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Das nachhaltigste Gebäude ist das, das bereits existiert. Doch jeder, der sich schon einmal mit der Sanierung eines in die Jahre gekommenen Betonbauteils beschäftigt hat, weiß, dass dies selten eine einfache Aufgabe ist.

In einer Welt, die sich zunehmend auf Nachhaltigkeit konzentriert, war der Ruf nach Wiederverwendung und Anpassung unserer gebauten Umwelt noch nie so laut wie heute. Auch wenn ein Abriss und Neubau wie ein Neuanfang erscheinen mag, gibt es überzeugende und oft unterschätzte Argumente für die Nachrüstung bestehender Betonstrukturen. Dies ist nicht nur eine ingenieurtechnische Herausforderung, sondern auch eine wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Entscheidung.

Prävention statt Einsturz

Überall auf der Welt wird dieser Bedarf immer dringender. Alternde Brücken und Gebäude, von denen viele nach veralteten Standards entworfen und weit über ihre ursprüngliche Lebensdauer hinaus genutzt wurden, erfordern jetzt eine Neubewertung. In Europa, Nordamerika und im asiatisch-pazifischen Raum sind bereits Zehntausende von Bauwerken in schlechtem oder mangelhaftem Zustand und viele weitere warten auf eine detaillierte Untersuchung. Jüngste Einstürze wie die Morandi-Brücke in Genua oder die Carola-Brücke in Dresden zeigen deutlich, was passiert, wenn Verstärkungsmaßnahmen zu spät eingeleitet werden. Nachrechnungsrichtlinien führen zu einem Umdenken: Erst bewerten, dann verstärken und damit die Restnutzungsdauer sicher verlängern.

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Teileinsturz der Carola/Elbe-Brücke (Dresden, 11. September 2024) und Ponte Morandi (Genua, Italien, 14. August 2018)

Aber es muss nicht immer um bedeutende Bauwerke gehen, manchmal kann ein kleines Detail von enormer Bedeutung sein und große Probleme verhindern.

Sehen Sie sich zum Beispiel eine Konsole an, die in IDEA StatiCa Detail mit vorhandener Bewehrung modelliert und anschließend mit neuen Lasten nach aktuellen Normen neu bewertet wurde. Im ersten Bild sehen Sie die Bewehrungsführung, die Ausnutzung und die Spannung in den Stäben. Die Struktur versagt, wobei die Kapazität durch zu hohe Zugspannungen begrenzt ist, die die vorhandene Bewehrung nicht aufnehmen kann.

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Das nächste Bild zeigt die verstärkte Version, bei der nun externe Spannglieder verwendet werden. Dadurch werden die Zugspannungen in der Bewehrung fast vollständig eliminiert und die Tragfähigkeitslasten sicher aufgenommen. Dies zeigt, wie gezielte Verstärkungen die Leistungsfähigkeit drastisch verbessern können.

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Alter Beton, neue Regeln

Betonkonstruktionen, die vor Jahrzehnten gebaut wurden, wurden nach ganz anderen Normen bemessen. Die Materialeigenschaften wurden eher angenommen als gemessen. Die Bewehrung war oft glatt und nicht gerippt. Die Verankerungslängen waren kürzer. Die Detaillierung in D-Regionen war einfacher, manchmal zu einfach. Risse können sich über Jahre hinweg allmählich entwickelt haben, müssen aber jetzt in einer neuen Belastungsrealität berücksichtigt werden.

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Glatte Stäbe - Bild aus Experimental behaviour of anchored smooth rebars in old type reinforced concrete buildings, von Giovanni Fabbrocino, Gerardo M. Verderame, Gaetano Manfredi

All diese Unwägbarkeiten häufen sich. Ingenieure stellen oft fest, dass das vorhandene Material einfach nicht den Annahmen entspricht, die von den heutigen Normen gefordert werden. Insbesondere dann, wenn die Überprüfung hauptsächlich auf der Befolgung empirischer Muster beruht, die durch Tests und Erfahrung ermittelt wurden, aber unter völlig anderen Bedingungen! Die lineare Standardanalyse verliert an Bedeutung. Und die Frage lautet plötzlich: Wie hoch ist die tatsächliche Tragfähigkeit dieses vorhandenen Bauteils heute, nicht vor Jahrzehnten?

Neubau oder Instandsetzung

Vergleicht man die Verstärkung eines bestehenden Bauwerks mit dem Bau eines neuen, so tendieren die Antworten immer mehr in Richtung Instandsetzung, sowohl in finanzieller als auch in ökologischer Hinsicht.

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Abriss und Neubau verursachen große Mengen an Abfall, zerstören den bereits in das Bauwerk investierten Kohlenstoff und erfordern die Herstellung von neuem Beton und Stahl. Bei der Instandsetzung hingegen wird das Vorhandene erhalten und der CO2-Ausstoß erheblich reduziert.

Unter Kostengesichtspunkten kann eine Verstärkung oft schneller und billiger durchgeführt werden als ein Neubau. Bestehende Fundamente bleiben erhalten. Strukturelle Rahmen bleiben erhalten. Die Beeinträchtigung ist geringer. In vielen Fällen wird durch eine gut durchdachte Instandsetzung nicht nur die Einhaltung moderner Normen erreicht, sondern sogar eine verbesserte Leistung und Lebensdauer.

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Brückenverstärkung - Bild aus Bridge Engineering - Selected Issues, von Tomasz Siwowski

IDEA StatiCa Detail

Anstatt sich auf konservative Annahmen oder zu vereinfachte Modelle zu verlassen, hilft die Methode der kompatiblen Spannungsfelder den Ingenieuren, den Bauteil realistisch zu simulieren.

Die CSF-Methode ist eine Erweiterung des Verfahrens der Fachwerkmodelle und Spannungsfeldmethoden. Es handelt sich um eine moderne nichtlineare Methode zur Analyse von D-Regionen und Elementen, deren Verhalten auf eine ebene Spannung vereinfacht werden kann, d. h. ein 2D-Modell. Zum Verständnis der Grundlagen siehe den folgenden Artikel: CSFM erklärt

Mit IDEA StatiCa Detail können Ingenieure jede beliebige Geometrie modellieren und analysieren, unabhängig von ihrer Komplexität und erhalten Ergebnisse wie Spannungs- und Dehnungsfelder, Rissbreiten und Lastpfade. Dieses Werkzeug unterstützt sowohl ACI- als auch DIN EN-Normen und ist somit vielseitig für verschiedene Projekte einsetzbar.

Die jüngsten Fortschritte in IDEA StatiCa Detail machen die Instandsetzung viel präziser und effektiver. Zwei besonders relevante Funktionen sind:

1. Spannglieder ohne Verbund: Im Gegensatz zu der Vorspannung mit Verbund sind Spannglieder ohne Verbund (z.B. externe Vorspannung) nicht auf den Verbund mit dem Beton entlang ihrer Länge angewiesen.

    • Dies ist besonders nützlich für die Verstärkung von D-Regionen: Zum Beispiel können vertikale Spannglieder Risse schließen oder Spannungen umverteilen.
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    • Bei der Ertüchtigung von sehr alten Betonbauwerken (wo Kriechen bereits abgeklungen ist) sollte der Kriechkoeffizient für die Vorspannung niedriger angesetzt werden, um eine Überschätzung der Auswirkungen zu vermeiden.
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2. Glatte Bewehrungsstäbe: IDEA StatiCa Detail unterstützt auch glatte Bewehrungsstäbe – typisch für ältere Bauwerke.

3. Verankerung von Stahlkonstruktionen in Beton: Bei Sanierungs- oder Verstärkungsprojekten ist es üblich, Materialien zu kombinieren, indem neue Stahlkonstruktionen in vorhandenem Stahlbeton verankert werden. Mit IDEA StatiCa Detail (3D-Modul) können diese Verbindungen mit realistischem Materialverhalten modelliert werden, wobei die nichtlineare Lastübertragung zwischen Stahl und Beton erfasst wird.

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Schlussfolgerung

Die Nachrechnung und Verstärkung bestehender Betonkonstruktionen ist nicht nur eine zweitbeste Option, sondern eine zukunftsweisende Entscheidung. Mit den richtigen Werkzeugen und Analysen können Ingenieure die technischen Herausforderungen meistern, die durch alte Bewehrung, gerissene Bereiche und unsicheres Materialverhalten entstehen. Gleichzeitig profitieren Umwelt, Nutzer und Bauherren von geringeren Eingriffen, reduzierten Emissionen und oftmals geringeren Kosten.

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